Otmar
Alt erweckt Bühnenzauber: Bilder zum
Leben
Otmar Alt: Bühnenbild und Kostüme für
das Ballett „Alice in Wunderland“
Balletts von Herbert Baumann ab dem 28. Oktober
2005 am Theater Hof |
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Unermüdlich
wird in den Werkstätten der Bühne gezimmert
und gewerkelt, bei den Kostümbildner surren
die Nähmaschinen, es wird emsig an der fantastischen
Garderobe geschneidert. Das Bühnenvolk hinter
den Kulissen steht förmlich unter Dampf.
Es gilt die üppigen farbenfrohen Entwürfe
des Künstler rechtzeitig umzusetzen. Pünktlich
für die in wenigen Wochen anstehende Premiere.
Derweilen sausen die Tänzer bereits über
die Probenbühne und drehen ihre grazilen
Pirrouetten. „Alice im Wunderland“ steht
auf dem Programm. |
Plakativ
und sinnenfroh, dreidimensional und dabei buchstäblich springlebendig:
Die fabulierenden Bilder und fantasievollen Skulpturen
des Hammer Künstlers und Multitalentes Otmar
Alt erobern einmal mehr die Bretter, die die Welt
bedeuten. Ab dem 28. Oktober zeigt das Theater im
Bayerischen Hof die Ballettproduktion „Alice
in Wunderland“ von Herbert Baumann in der Choreografie
von Stefano Giannetti. Die Bühnenausstattung
und die Kostüme stammen von keinem geringeren
als Otmar Alt, einem der bekanntesten neuzeitlichen
Künstler in Deutschland.
Der
Künstler ist von der Anfrage wild begeistert
schließlich ist „Alice im Wunderland“ ein
unsterblicher Klassiker, ein Kinderbuch, das jeder
kennt und doch viele Sichtweisen und Interpretationen
zulässt, ja geradezu herausfordert. Es stammt
aus der Feder des britischen Mathematikers und Schriftstellers
Charles Lutwidge Dodgson, besser bekannt unter seinem
künstlerischen Pseudonym Lewis Carroll.
Mit
dieser Produktion setzt das Theater Hof die erfolgreiche
Zusammenarbeit mit dem populären
Künstler fort, die einige Jahre zuvor, 2002
mit der Ballettproduktion „Tanz der Farben“ begonnen
hat. Otmar Alt erinnert sich: „Für mich
war die Zeit am Hofer Theater ein Ausflug in eine
andere Welt, in eine Welt der Sinne.“ Die konstruktive
und reibungslose Zusammenarbeit mit so vielen kreativen
Geistern steht dabei stehts im Mittelpunkt: „An
der Entstehung eines so komplexen Kunstwerkes, wie
einem Balettabend mitzuwirken, in dem Musik, Bewegung,
Licht, farben und Formen zu einem großen ganzen
verschmelzen, das war ein wirklich bewegendes und
faszinierendes Erlebnis.“
Der
neuerliche Anlauf war wieder mit ungewöhnlichen
Herausforderungen verbunden. In seinem Ballett „Alice
im Wunderland“ entführt Herbert Baumann
den Zuhörer in eine fantastische Welt, in der
Unmögliches möglich scheint. Alice schläft
im Garten ein und wird von einen Kaninchen ins Wunderland
entführt. Hier gehen die Uhren anders. Nichts
ist, wie es scheint. Alice begegnet den seltsamsten
Gestalten aus einer bunt-bizarren Traumwelt wie den
verrückten Hutmacher, die Cheshire-Katze, die
Haselmaus, die hässliche Herzogin und die Herz
Königin.
Der
Berliner Komponist Herbert Baumann hat den Roman „Alice
im Wunderland“ für die Bühne bearbeitet
und schuf eine etwa 90-minütige musikalisch-poetische
Traumwelt. Baumann schrieb mehr als 500 Bühnenwerke,
die Musik zu über 40 Fernsehfilmen sowie zahlreiche
Orchester-, Chor- und Kammermusiken.
Die
Bühnenbilder, die Dekoration und nicht
zuletzt die bunten Kostüme von Otmar Alt bilden
eine kongeniale Fortsetzung der fantastischen Geschichte
mit anderen Mitteln. So entsteht utner seiner Mitwirkung
ein Kunstwerk aus einem Guß, bei der Bilder
und Musik, Bewegung und Tanz eine Symbiose eingehen.
In einem ersten Schritt nähert sich der Künstler
der Geschichte und entwickelt ein eigenes Konzept.
Die Skizzenbücher sind voll von wilden Ideen,
von denen viele sich als unrealisierbar erweisen.
Die
konkrete Umsetzung ist auch eine Folge von vielen
praktischen Erwägungen, der Auswertung von Erfahrungen,
ja auch manch bitteren Kompromissen, denn die Tänzer
sollen sich möglichst ungehindert bewegen können. „Dabei
sind wir alle stets von der Idee beseelt, dass der
Zuschauer einen besonderen Nervenkitzel erleben soll“,
formuliert Otmar Alt das Credo aller, die an der
Produktion beteiligt sind. „Alle werden davon
getragen, dass es zu einem aussergewöhnlichen
sinnlichen Erlebnis werden soll.“
Bereits
früh hat Otmar Alt ein besonderes Faible
für die Welt der Bühne entwickelt. Die
Zauberwelt des Theaters ist Otmar Alt nämlich
seit vielen Jahren wohlbekannt. Ende der 60er Jahre
war der Künstler Bühnenbildassistent in
Trier und später sogar am legendären „Theater
am Turm“ in Frankfurt. Am „Theater am
Turm“ in Frankfurt wirkten einst Rainer Werner
Fassbinder und kein geringerer als Klaus Peymann.
In den letzten Jahren hat es Otmar Alt immer mal
wieder als Fortsetzung seiner Fabulierkunst mit anderen
Mitteln ans Theater gezogen. Bereits acht Produktionen
hat der Künstler mit seinen Entwürfen und
Erfindungen begleitet.
Naheliegend
war seine erste große Theaterproduktion
im Jahre 1989: Bühnenbild und Ausstattung für
das Kinderstück „Die kleine Hexe“ nach
Ottfried Preußler. Es folgten 1991 Molieres „Der
Geizige“, 1994 „Ein toller Tag“.
Am Theater Hof übernahm er Ausstattung und Kostüme
für die Ballettproduktion „Tanz der Farben“,
die im Januar 2002 uraufgeführt wurde. Darauf
folgten die Ballettproduktionen „Höhle
des Herzens“ und 2003 „Der Nußknacker“,
kurz darauf übernahm er Ausstattung und Kostüme
für „Rotkäppchen“ am Theater
Altenburg.
In
Münster kam vor wenigen Monaten erst, im
Mai 2005 an den Städtischen Bühnen die
zeitgenössische Oper "Die Eroberung von
Mexiko" von Wolfgang Rihm zur Aufführung,
bei der Otmar Alt die Ausstattung übernommen
hat. Bühnenbild und Kostüme standen dabei
ganz im Zeichen der knallbunten Fantasiewelt des
Künstlers.
Alts
neuerlichen Arbeiten fürs Theater, seine
Kostüme und seine Ausstattung sind weit mehr
als nur ein munteres und farbenfrohes Dekor, sie
werden zu einem sinnstiftenden Element. Für „Die
Eroberung von Mexiko“ beispielsweise hat sich
der Künstler von Rollen und Motiven anregen
lassen und überdimensionale Plastiken entwickelt,
die immer wieder zu einer ironischen Brechung führen
und den Fabelcharakter des Stückes betonen.
Die Farbigkeit von Bühnenbild und Kostümen
greift dabei mexikanische Folklore auf und zitiert
gleichwohl die Bildwelten des Künstlers selber.
Bei „Alice im Wunderland“ spielt die
Geschichte dem Künstler geradezu in die Hand.
Hier braucht beinahe nichts mehr neu erfunden zu
werden. Das Märchen scheint sich in der Fantasiewelt
des Otmar Alt zu spiegeln.
Otmar
Alt hat das Stück dennoch auf seine ihm
eigene Art und Weise übersetzt. Herausgekommen
ist ein Bilderreigen aus frech-bunten Acrylfarben,
für die er weithin bekannt ist. Die Figuren
und Kostüme sind neu und artifiziell und dabei
gleichzeitig doch sehr vertraut. Sie kommen wie gemalte
Fabeln oder Märchen daher.
Seine
Handschrift ist so unverwechselbar wie seine Vision.
Der vielseitige Umgang mit Materialien
und
Techniken ist beinahe sprichwörtlich. Seine
Werke scheinen pure Lebensfreude, Lebenslust und
mitunter auch pralle Erotik auszustrahlen, und doch
ist in ihnen für jeden, der sehen mag, völlig
unaufdringlich eine vielschichtige Lebensphilosophie
und eine große Lebenserfahrung verborgen. Otmar
Alt ist ein großer Geschichtenerzähler,
der jetzt immer häufiger die Bühne für
sich zu entdecken scheint.
Dr.
Jörg Bockow
Die
Internetseiten inklusiv Galerie besuchen: www.otmar-alt.de
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