Ein
lautstarker General ist er nicht. Ein dienstbeflissener
Sekretär möchte er nicht sein. Ruprecht
Polenz versteht sich als moderner Manager im neuen
Unternehmen CDU Deutschlands. Seit knapp einem halben
Jahr ist er Generalsekretär der Partei und hat
es seither mit einer Vielzahl von Herausforderungen,
Aufgaben und auch mit Fronten zu tun. Eine seiner
wichtigsten Aufgaben ist es, der Partei eine neue,
zeitgemäße Struktur zu geben, und mit den
Nachwirkungen des Parteispenden-Skandals der Kohl-Ära
fertig zu werden.
Wiewohl
er dabei eher angenehm leise und besonnen seiner Arbeit
nachgeht, an ihm spalten sich Öffentlichkeit
und Partei. Dabei taugt er so gar nicht für Skandale.
Beide sind sie irritiert ob seiner umsichtigen Zurückhaltung,
vermissen scharfzüngige Attacken auf die Schwachstellen
des Regierungslagers und das wortgewaltige Scharmützel,
das manche der Amtsvorgänger nach der Devise
ausgezeichnet hat "Angriff ist die beste Verteidigung".
Nein,
Schwarz-Weiss-Malerei liegt ihm nicht, wiewohl er
schon zum Angriff blasen kann, wenn es denn sachlich
geboten erscheint. Ruprecht Polenz mag sich nicht
so recht mit seinen Vorgängern messen lassen.
"Das waren andere Personen zu anderen Zeiten,"
sagt er, "sie bekommen heute die Unterstützung
einer aufgeklärten Gesellschaft nicht durch ständiges
Wiederholen platter Parolen. Ich bin gerufen worden,
um Angela Merkel bei ihrer Führungsarbeit zu
unterstützen und auch neue Wege aufzuzeigen.
Dass die Partei mich angesprochen hat, ist ja durchaus
auch eine programmatische Entscheidung gewesen."
Die
Presse schont ihn keineswegs, provoziert mitunter
mit Schlägen unter die Gürtellinie. Einige
der eher älteren Parteigenossen antichambrieren
derweilen hinter seinem Rücken und untergraben
mit gezielt platzierten Bemerkungen seine Position.
Wie kommt einer wie er mit unsachlicher Kritik und
heftigen Angriffen zurecht? "Wenn man sich auf
ein solches Amt einlässt, muss man wissen, dass
man nicht nur Freunde hat. Aber ich habe eine festumrissene
Aufgabe und eine klare Vorstellung vom Weg der Erneuerung,
da lass ich mich durch solche Attacken keineswegs
zurückhalten."
Ruprecht
Polenz ist angetreten, das Unternehmen CDU auf einen
neuen Weg zu bringen. "Keine leichte Aufgabe,
aber eine große Herausforderung. Wir müssen
mit erheblich weniger Personal zurechtkommen, und
wir müssen in einer Zeit ein neues politisches
Profil gewinnen, in der das Regierungslager angetreten
ist, die sogenannte 'Neue Mitte' zu besetzen."
Ein leicht ironisches Grinsen huscht da über
sein Gesicht, aber ist auch sogleich wieder verschwunden.
Der gelernte Jurist und ehemalige Geschäftsführer
der Industrie- und Handelskammer zu Münster weiß,
was er sich schuldig ist.
Obwohl
er mit politischer Leidenschaft und Herzblut bei der
Sache ist, wie man sich in Münster seiner erinnert,
seine Argumentation ist stets nachdenklich, sachlich
und um Verständigung bemüht. "Sicherlich
gibt es Themen, bei denen Regierung und Opposition
möglichst einen Kompromiss finden sollten, wie
zum Beispiel bei der Rente", vermerkt Polenz
durchaus mit einem süffisantem Unterton und spießt
aber sogleich jene Positionen auf, die ihm und seiner
Partei völlig gegen den Strich gehen. "Sehen
Sie sich die Öko-Steuer an. Ein einziger Schwindel!
Und ungerecht zudem." Mit plakativen Attacken
gegen diese Steuer versucht Polenz für seine
Partei wieder neues Profil zu gewinnen. Spektakuläre
Aktionen im Lande sorgen für die erwünschte
Publicity.
Polenz
ist für seine Partei auf der Suche nach neuen
Themen. Bildung und Ausbildung gehören für
ihn dazu sowie innovative und expansive Bereiche wie
das Internet und die Gentechnologie. Statt für
alle Felder selber mit neuen Ideen und Leitlinien
anzutreten, installiert er in der Partei eigene Arbeitsbereiche
und neue Zuständigkeiten. Er will Kollegen profilieren,
die sich auch in der Öffentlichkeit durch ihre
Kompetenz auszeichnen. "Die Zeiten, in denen
jeder alles wissen und argumentieren konnte, sind
doch längst vorbei." Außerdem möchte
er zur Zeit noch nicht sein Pulver verschießen.
"Wenn der neue Bundestagswahlkampf ansteht, werden
wir mit einem geschärften Profil und neuen Themen
auftreten." Bis dahin gilt es, die Schatten der
Vergangenheit loszuwerden.
Keine
Bange vor Helmut Kohl und den offensichtlichen Ungereimtheiten
im eigenen Haus? "Nein. Was gewesen ist, musste
aufgeräumt und bereinigt werden. Mit diesem Auftrag
und dieser Motivation ist die gesamte neue Führungsriege
angetreten. Das, was wir als Partei aus eigener Kraft
aufklären konnten, haben wir getan." Geht
das denn ohne Gefährdungen und Anfeindungen aus
der eigenen Partei, wollen wir wissen. "Das weiß
ich nicht. Aber darauf kann ich auch keine Rücksicht
nehmen." Aber gescholten werden sie trotzdem
- die Merkels und Polenz' und alle, die zur Zeit bemüht
sind, frischen Wind in die Partei zu bringen. Der
Verdacht von Verwicklung hängt dauernd in der
Luft. "Das was geschehen ist, ist nicht durch
die derzeitige Führung veranlasst. Sondern das
genaue Gegenteil. Aber so ist das nun mal. Ich fühle
mich mitunter als Feuerwehrmann, der um Hilfe gerufen
worden ist und anschließend für die Wasserschäden
zur Rechenschaft gezogen wird."
Polenz
ist viel unterwegs. Sitzungen und Beratungen, Besuche
von Parteiorganisationen, um die Stimme der Basis
zu hören und natürlich ein regelmäßiger
Pendler zwischen der Bundeshauptstadt Berlin und Münster.
Seine Wahlheimat Münster, die hat es ihm angetan.
Mit der Familie - Polenz ist verheiratet und Vater
von vier Kindern - umsiedeln nach Berlin, das kommt
für ihn keineswegs in Frage. "Ich bin mit
Herz und Seele Münsteraner und verstehe mich
als Botschafter dieser liebens- und lebenswerten Stadt,
die ich als Bundestagsabgeordneter in Berlin vertreten
darf", unterstreicht der Generalsekretär.
Zum
Wochenende versucht er regelmäßig in der
Domstadt bei seiner Familie zu sein. "Da sind
dann zwei Tage für mich wie ein erholsamer Kurzurlaub.
Es wird intensiv gelebt und gesprochen." Ein
bisschen plagt ihn zwischendurch freilich das schlechte
Gewissen, weil "ich kein Heimspiel des USC verpassen
möchte und auch gerne öfter bei Preussen
Münster wäre." Aber die Familie hat
sich mit diesem Wermutstropfen arrangiert, zumal er
ansonsten versucht, möglichst keine Termine mehr
am Wochenende wahrnehmen zu müssen. Und so trifft
man den Generalsekretär mitunter beim Einkauf
in der Stadt, auf dem Wochenmarkt am Dom oder bei
einer Radtour auf seiner Leeze. Wagen und Fahrer sind
in Münster eh nicht opportun. Ruprecht Polenz
radelt mit seinem Drahtesel zum Termin. Und beim Gespräch
in Münsters bekanntester Eisdiele bleibt immerhin
noch Zeit für einen üppigen Amarena-Becher
- ohne Sahne freilich.
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